Bei Minus 20 Grad habe ich ihnen Tor und Tür geöffnet, damit sie vor der Kälte geschützt sind, mit ihnen geweint ob ihren harten Lebens.
Habe ihnen Mut gemacht in die Wildnis zu ziehen, in dem ich voraus lief, damit sie Hasen und sonstiges jagen eventuell fangen können und vor allem um das Joch der Abhängigkeit vom Mensch zu durchbrechen.
Aber, bitteschön, sie hätten mir nicht die Küken und Hühner auffressen sollen.
Das war bestimmt enttäuschend für Dich, aber sieh es mal so: Warum hätten sie den reich gedeckten Tisch vor der Tür verschmähen sollen?
Bei so einem lieben Herrchen, das sogar mit ihnen durch die Wälder tollt? Das wäre aus Hundesicht ausgesprochen dumm gewesen.
Eine meiner Hündinnen, viele Jahre her, ist bei einem nächtlichen Spaziergang mal abgehauen und hat sich freudig erregt durch mehrere Gärten gearbeitet, bis sie endlich, leider vor mir, an einem Bodenstall mit mehreren Kaninchen ankam. Das Gitter hatte sie im Nu zerfetzt, zwei, drei Kaninchen sofort erlegt; die anderen flohen in wilder Hast. Ein Desaster. Leider gehörten die Kaninchen einer Familie mit zwei kleinen Kindern, die mich stumm vor Trauer und Zorn mit Blicken durchbohrten, als ich am nächsten Morgen dort klingelte, um mich zu entschuldigen und Wiedergutmachung anzubieten. "Nein!", sagte die Mutter, ihre Kinder wollten keine neuen Kaninchen!
Was in ihrem Ton unausgesprochen mitschwang:
Nicht von Ihnen und Ihrem Mörder-Hund!
Ja, so was ist Mist; ich hätte sie anleinen sollen, hatte aber ihren Jagdtrieb unterschätzt. Und der war sehr ausgeprägt, diese wilde Hummel jagte zum Beispiel auch Bussen hinterher, um sie in die Reifen zu beißen.
Trotzdem hatten wir gute Jahre, man musste nur achtgeben. Spät bekam sie noch unvermutet einen Wurf mit drei Welpen, die sie sich unterwegs von irgendeinem Rüden hatte andrehen lassen; süße kleine Wesen, die sie aus ihrer Welpenstube im Nachbarzimmer am Nackenfell eines nach dem anderen in mein Bett trug, sobald ich ihr den Rücken zuwandte. Dann wurde einer der Welpen krank, genauer, er fiel von meinem Arm und hatte eine Gehirnerschütterung. Peter Pan: So hatte ich ihn getauft, weil er der Kleinste von allen war. Der Tierarzt kam, gab ihm eine Spritze und meinte, mit strikter Ruhe und viel Nähe der Hündin könne er es möglicherweise schaffen.
Die Hündin hatte sich zu dem Zeitpunkt aber schon wieder selbständiger gemacht und unternahm wenig, ihr Kleines zu wärmen. Ich dachte nach. Im Ergebnis habe ich die ganze Bagage kurzerhand in mein Bett umgesiedelt, so dass ich nachts auf der einen Seite lag, die Hündin auf der anderen, die Welpen dazwischen. Mein damaliger Freund wurde ausquartiert. Wenn Peter Pan nicht bei seiner Mama lag, die nun stetiger bei ihm blieb (weil es mein Bett war!), kugelte er herum und schmiegte sich in meine Achselhöhle. Könnte klappen, dachte ich, müsste von der Körpertemperatur hinhauen. Letztlich sind wir alle nur Säugetiere. Und es hat geklappt! Aufgestanden bin ich nicht mit Flöhen, aber mit einem nach und nach wieder gesund gewordenen Peter Pan. Darum ging's!
Die Kleinen wurden dann später geimpft, entwurmt, gechipt und fanden ein neues Zuhause bei Bekannten und Kollegen. Die Alte aber war danach sehr viel ruhiger und anhänglicher geworden. Sie starb mit etwa 14, 15 Jahren.
Weißt Du ... ich denke, wenn man mit Hunden lebt, muss man verstehen, wie sie ticken. Hunde bemühen sich ja umgekehrt auch sehr darum, zu begreifen, was wir Menschen von ihnen wollen. Jedenfalls dann, wenn sie domestiziert sind. Und wenn "Deine" Hunde es zu leicht hatten, an die Küken und Hühner zu kommen, dürften sie das so aufgefasst haben, dass Du als ihr "Alpha-Rüde" sie ihnen als Nahrung übrig gelassen hast. Irgendwie so.