Die Ukraine in der Krise

Alubehütet

Well-Known Member
Was voraussetzt, dass die UA die von Ruzzland besetzten Landesteile vorübergehend abtreten/aufgeben und vom politischen Anspruch wie eine 2. Ukraine behandeln müsste, während der westliche, (noch..) nicht von RUS besetzte Teil sofort in die Nato und EU aufgenommen werden sollte.
Genau, analog der Soffjetzone, Zone, Sowjetisch Besetzte Zone, Pankow, jenes Phänomen dort drüben, sogenannte DDR, „DDR“, wie die Springerpresse bis Anfang 1989 noch in Anführungszeichen schrieb. Mit der Willy Brandt Verträge abschließen konnte aufgrund der eigenartigen Rechtskonstruktion, daß sie als völkerrechtliches Subjekt von uns nicht anerkannt war. Siehe auch –> Hallstein-Doktrin.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Der Einwand von Claudia Major ist dann ja: Wenn die Ukraine einen Teil der Ukraine provisorisch abtritt ohne letztendliche völkerrechtliche Anerkennung analog der BRD die DDR, dann ist das aber in 30, 40 Jahren keine Ukraine mehr, mit der man sich noch wiedervereinigen könnte. Angesichts der rasanten Entukrainisierung und Russifzierung, wie sie in den besetzten Gebieten stattfindet.

Dem stimme ich zu, das ist aber in meinen Augen kein Einwand.

Ich stimme dem zu: Genau so ist uns das ergangen mit Ostpreußen und Schlesien. Da war 1989 nichts mehr wiederzuvereinigen. Aus anderen Gründen, klar. Oder ... nein, aufgrund letztlich einer von Putin bewunderten stalin'schen Politik. Polen hat Teile unwiderrufbar an Rußland abtreten müssen. Die jetzt russifiziert, Rußland sind.

Aber das ist kein Einwand. Unser Staatsphilosoph Jürgen Habermas hat in einem klugen, vielbeachteten Essay, den ich leider nicht gelesen habe, da hinter SZ-Paywall, ex cathedra sinniert, werde Deutschland charakterisiert als „Verspätete Nation“, dann sei die Ukraine eine absolut verspätete last minute-Nation. Die treten überhaupt erst an als Nation, wo Westeuropa schon beginnt, seine Nationen aufzulösen in ein supranationales Konstrukt Vereinigte Staaten von Europa. Das ist jetzt nicht mehr sein, sondern mein Gedanke: Im Grunde wird sie erst wirklich in diesen Tagen durch Putin konstituiert, der grundsätzlich leugnet, daß sie eine eigene Nation sei. Viele russische Muttersprachler, die Putin für Russen hält, merken erst in diesen Tagen, daß sie Ukrainer sind. Nationalität, Volkszugehörigkeit ist eben keine Frage biologischer Abstammung. Ganze Einheiten der ukrainischen Armee, unter ihnen die Asow-Einheiten, kommunizieren miteinander auf russisch. Einfach, weil sie's besser können. Dennoch sind sie Ukrainer, geben ihr Blut für diese Nation.

Die Ukraine war nie ein durchgehendes Siedlungsgebiet „der“ Ukrainer. Es war stets in immer wieder wechselnden, neu verlegten Grenzen besetzt, geteilt. Es wird erst jetzt zu einer Nation, und erst jetzt bilden sich zumindest vorläufige endgültige Grenzen. Und wenn der Donbass dann doch nicht dazu gehört, dann gehört er eben doch nicht dazu. Dann ist das so. Macht des Faktischen, des Stärkeren. So, wie Israel niemals mehr Teil eines noch weniger existiert habenden Palästina werden wird.



Ok. Die Krim ist ein ganz anderes, ganz eigenes Problem. Auf die werden Ruzzland wie die Ukraine niemals mehr verzichten, verzichten können.
 
Zuletzt bearbeitet:

Msane

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Grundsätzlich muss man Folgendes bei diesem Krieg immer beachten.

Dieser Krieg ist kein Territorialkonflikt, sondern ein Krieg um Identität.

Einen Territorialkrieg kann man sofort beenden, wenn beide Kriegsparteien sich in einem Vertrag
auf eine neue Grenzziehung einigen.

Bei einem Identitätskrieg ist das nicht möglich, da geht es um Zugehörigkeit, um Emotionen,
halt um Identität.
Da kann ein Vertrag zur Kriegsbeendigung geschlossen werden, der Hass brodelt aber trotzdem weiter
wenn die Ursachen für den Konflikt nicht gelöst wurden.
Solch ein Krieg endet erst, wenn eine Seite überwältigend siegt oder beide Seiten sich
in einem langen Abnutzungskrieg erschöpft haben und die Lust aufs kämpfen
nachhaltig verloren haben.
Dann ist immer noch ein oft jahrzehntelanger Prozess der Wiederannäherung und viele
vertrauensschaffende Gesten notwendig um die Beziehungen wieder zu normalisieren.
Das macht die Sache extrem kompliziert.


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Bintje

Well-Known Member
Aber das ist kein Einwand. Unser Staatsphilosoph Jürgen Habermas hat in einem klugen, vielbeachteten Essay, den ich leider nicht gelesen habe, da hinter SZ-Paywall, ex cathedra sinniert, werde Deutschland charakterisiert als „Verspätete Nation“, dann sei die Ukraine eine absolut verspätete last minute-Nation. Die treten überhaupt erst an als Nation, wo Westeuropa schon beginnt, seine Nationen aufzulösen in ein supranationales Konstrukt Vereinigte Staaten von Europa.
Hier mache ich mir mal 'nen Knoten ins Taschentuch, um evtl später oder eines fernen Tages nochmal darauf zurückzukommen (soooo viele Gedanken, die ich hier gar nicht aufschreibe bzw. aufzuschreiben die Zeit habe) - was den von dir gesuchten Essay betrifft: Hilft das weiter?
-> Jürgen Habermas, "Krieg und Empörung", SZ vom 28. April 2022

Oder dies? Habermas im Februar 2023:


.Wolfgang Ischinger war übrigens not amused.
 

EnRetard

Well-Known Member
Bei einem Identitätskrieg ist das nicht möglich, da geht es um Zugehörigkeit, um Emotionen,
halt um Identität. (...)
Das macht die Sache extrem kompliziert.
...weshalb die Autorin dieses Artikels in Zeit Online auch davor warnt, dass Serbien den nächsten besten Vorwand nutzen wird, um sich "Kosovo i Metohija" heim ins Reich zu holen, sobald Donald Trump wieder am Ruder ist. Die Unterstützung rechtsextremer Parteien in Europa wie der AfD und schlimmer noch, der FPÖ, hätte es.
 

sommersonne

Well-Known Member
Eine Teilung oder Gebietsabtretung ist keine gute Idee. Dafür gibt es einige Beispiele. DDR, ehemaliges Jugoslawien, Korea, Marokko/Saharaui(Westsahara), Israel, Bergkarabach. Das gibt niemals echten Frieden.
Das wäre die zweitschlechteste Variante für die Ukraine, kommt gleich nach der russischen Übernahme der gesamten Ukraine.
 

Burebista

Well-Known Member
Ach, übrigens: Transnistrien. Angeblich soll es dort ein "Referendum" über den Anschluss an Russland geben.


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Der Einwand von Claudia Major ist dann ja: Wenn die Ukraine einen Teil der Ukraine provisorisch abtritt ohne letztendliche völkerrechtliche Anerkennung analog der BRD die DDR, dann ist das aber in 30, 40 Jahren keine Ukraine mehr, mit der man sich noch wiedervereinigen könnte. Angesichts der rasanten Entukrainisierung und Russifzierung, wie sie in den besetzten Gebieten stattfindet.

Dem stimme ich zu, das ist aber in meinen Augen kein Einwand.

Ich stimme dem zu: Genau so ist uns das ergangen mit Ostpreußen und Schlesien. Da war 1989 nichts mehr wiederzuvereinigen. Aus anderen Gründen, klar. Oder ... nein, aufgrund letztlich einer von Putin bewunderten stalin'schen Politik. Polen hat Teile unwiderrufbar an Rußland abtreten müssen. Die jetzt russifiziert, Rußland sind.

Aber das ist kein Einwand. Unser Staatsphilosoph Jürgen Habermas hat in einem klugen, vielbeachteten Essay, den ich leider nicht gelesen habe, da hinter SZ-Paywall, ex cathedra sinniert, werde Deutschland charakterisiert als „Verspätete Nation“, dann sei die Ukraine eine absolut verspätete last minute-Nation. Die treten überhaupt erst an als Nation, wo Westeuropa schon beginnt, seine Nationen aufzulösen in ein supranationales Konstrukt Vereinigte Staaten von Europa. Das ist jetzt nicht mehr sein, sondern mein Gedanke: Im Grunde wird sie erst wirklich in diesen Tagen durch Putin konstituiert, der grundsätzlich leugnet, daß sie eine eigene Nation sei. Viele russische Muttersprachler, die Putin für Russen hält, merken erst in diesen Tagen, daß sie Ukrainer sind. Nationalität, Volkszugehörigkeit ist eben keine Frage biologischer Abstammung. Ganze Einheiten der ukrainischen Armee, unter ihnen die Asow-Einheiten, kommunizieren miteinander auf russisch. Einfach, weil sie's besser können. Dennoch sind sie Ukrainer, geben ihr Blut für diese Nation.

Die Ukraine war nie ein durchgehendes Siedlungsgebiet „der“ Ukrainer. Es war stets in immer wieder wechselnden, neu verlegten Grenzen besetzt, geteilt. Es wird erst jetzt zu einer Nation, und erst jetzt bilden sich zumindest vorläufige endgültige Grenzen. Und wenn der Donbass dann doch nicht dazu gehört, dann gehört er eben doch nicht dazu. Dann ist das so. Macht des Faktischen, des Stärkeren. So, wie Israel niemals mehr Teil eines noch weniger existiert habenden Palästina werden wird.



Ok. Die Krim ist ein ganz anderes, ganz eigenes Problem. Auf die werden Ruzzland wie die Ukraine niemals mehr verzichten, verzichten können.
@Alubehütet Nation bedeutet nicht Staat. Die ukrainische Nation trat in der Geschichte als moderne Nation im 19. Jhd.an. Die ukrainische Staatlichkeit 1918, schon von den Habsburgern anerkannt.

Über Transnistrien. Es ist nichts neues und (noch) nicht ernst. Es wäre eine Katastrophe selbst für Transnistrien, jetzt Russland zu wählen.
 

Burebista

Well-Known Member
Über Transnistrien zitiere ich den bekannten "Ostslawologe" Armand Goșu: <iframe src="https://www.facebook.com/plugins/po...STvFMvWgN1rgx4Gef3Cl&show_text=true&width=500" width="500" height="760" style="border:none;overflow:hidden" scrolling="no" frameborder="0" allowfullscreen="true" allow="autoplay; clipboard-write; encrypted-media; picture-in-picture; web-share"></iframe>

Seit 30 Jahren "bittet" Transnistrien mindestens einmal im Jahr Russland um einen Beitritt .... und nichts passiert. In den letzten zwei Jahren, seit Beginn der Aggression gegen die Ukraine, wurden solche Szenarien lanciert. Nein, Krasnoselski wird nicht um eine Annexion bitten, und auch der Tiraspoler Sowjet wird nicht darauf bestehen. Das ist eine riesige Fälschung, die von Moskaus Propagandamaschine lanciert wurde.
In den nächsten Tagen werden in Tiraspol Maßnahmen ergriffen, um die Lage zu beruhigen. Die Oligarchen, die Sheriff-Firma, Krasnoselski und so ziemlich alles, was sich in Transnistrien bewegt, kontrollieren, wollen auch nicht, dass ihre Milliarden in den Sand gesetzt werden. Sie wollen auch nicht auf der Liste der Sanktionen landen, die der Westen gegen Russland verhängt hat. Es ist klar, dass ihr Interesse nicht darin besteht, Transnistrien von Russland zu entfremden.
Es ist also an der Zeit, sich zu beruhigen, aufzuhören, solchen Unsinn zu schreiben und der russischen Propaganda nicht in die Hände zu spielen. Und Transnistrien ist wirklich ein heikles Thema. Für Chisinau, dessen Sicherheit uns angeblich am Herzen liegt. Aber auch für Bukarest.

Über die Sheriff-Firma: https://en.wikipedia.org/wiki/Sheriff_(company)
Auch von der FB Seite von Goșu:

"Nach Angaben der Hauptnachrichtendirektion des ukrainischen Verteidigungsministeriums haben Abgeordnete aus Transnistrien, der nicht anerkannten abtrünnigen Region, nicht die Absicht, den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf dem Kongress über den Anschluss Transnistriens an Russland anzusprechen.
Quelle: GUR (Nachrichtendienst der Armee)-Sprecher Andriy Yusov in einem Kommentar für Ukrayinska Pravda
 
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