Was denkt Ihr gerade? (38)

Alubehütet

Well-Known Member
Da kommt eine Gülle hoch mit diesen genetischen Studien :rolleyes: ... Leute, ich könnte erzählen. :( Als ob Kultur, Sprache sich genetisch vererbten. Barak Obama ist ein waschechter Indogermane, was sonst. – @sommersonne Seid Ihr da in Sachsen nicht auch genetisch Slawen, Sorben und Wenden? :oops:
 

sommersonne

Well-Known Member
Da kommt eine Gülle hoch mit diesen genetischen Studien :rolleyes: ... Leute, ich könnte erzählen. :( Als ob Kultur, Sprache sich genetisch vererbten. Barak Obama ist ein waschechter Indogermane, was sonst. – @sommersonne Seid Ihr da in Sachsen nicht auch genetisch Slawen, Sorben und Wenden? :oops:
Ja, in Teilen. Im Spreewald z.B. leben noch Sorben, auch Wenden genannt. Erwin Strittmatter war z.B. einer davon. In der DDR hatten sie einen Sonderstatus.
Das wendische Gebiet war vor Hunderten von Jahren viel größer. Sabine Ebert schreibt in ihren mehrbändigen Buchreihen sehr interessant über die Vergangenheit der "deutschen" Gebiete.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Solche Studien sind ja interessant für die Wissenschaft, aber für die Bevölkerung bringt es nicht Gutes.
Genau das. Wissenschaftlich hochinteressant. Alles aber noch sehr, sehr vorläufig, sollten die unter sich erst einmal ausdiskutieren. Bislang weitgehend alles noch Stichproben, schon gar nicht tauglich für weit fächernde populärwissenschaftliche Publikationen. Und selbst dann ... Ey, genetische Abstammung, who cares? Slawen wandern später wieder und wieder ein, eignen sich die Sprache an, übernehmen die rumänische Leitkultur, sie integrieren sich nicht nur, sie assimilieren sich, was ja durchaus, warum nicht, auch eine legitime Möglichkeit ist, solange es ohne Zwang geschieht ... Worauf wollen die eigentlich hinaus? Was soll da gegen eine drakisch-römische Kontinuität sprechen?

Was immer für Leute das gesprochen/übernommen/ sich angeeignet haben, Rumänisch ist eine romanische Sprache, also eine im Ursprung lateinische. Und man darf annehmen, daß mit der Sprache weitaus mehr römische Kultur und Tradition übernommen wurde, als genetisch in „slawischer“ Kultur angelegt ist.



Man glaubt übrigens nicht, wie zentral diese römisch-drakische Geschichte verwurzelt ist in Rumänien. In wie vielen Städten es Denkmäler gibt von den kleinen Kindern Romulus und Remus, mythischen Stadtgründern Roms, die von einer Wölfin gesäugt werden; ich habe sie in den 90ern gesehen, keine Nach-Mauerfall-Mythenbildung.
 

Burebista

Well-Known Member
Man glaubt übrigens nicht, wie zentral diese römisch-drakische Geschichte verwurzelt ist in Rumänien. In wie vielen Städten es Denkmäler gibt von den kleinen Kindern Romulus und Remus, mythischen Stadtgründern Roms, die von einer Wölfin gesäugt werden; ich habe sie in den 90ern gesehen, keine Nach-Mauerfall-Mythenbildung.
Diese Denkmäler gibt es, weil sie von Italien geschenkt wurden, Anfang der 20ger.
Aber jetzt sind sie nicht mehr so in der Mode. Die Menschen brauchen einen "Klassenkampf" und wenn es keine "Klassen" mehr geben kann, im marxistischen Sinn, dann hat man Eroberer und Eroberte wieder entdeckt ( ;-) ). Und die Römer werden von vielen als böse Eroberer angesehen und man hat Mitleid mit den armen eroberten Daker, hehe. Diese Sichtweise nennt man hier spottend "Dakopathie". Diese Dakopathie ist jetzt in der Mode. Ich halte nichts davon, aber selber ich habe den Nick "Decebal" (mit Passwort Burebista) später den Nickname "Burebista" (mit Passwort Decebal, jetzt geändert) bei TT übernommen (also anfangs habe ich dieses Forum nicht ernst genommen, aber jetzt bin ich abhängig davon).

Was die Slawen betrifft, das ist ein Tabu-Thema. Man will doch romanisch sein, nicht slawisch :)
Aber auch die ganze Geschichte um die Slawen ist nicht mehr sicher. Ich habe in der Schule gelernt, dass die Slawen aus der Grenzgegend zwischen Weißrussland und Ukraine stammen. Das ist nicht mehr sicher.

So bedeutsam die Entstehung des slawischen Europa ist, so überaus schwierig ist die Rekonstruktion dieses Prozesses. Dafür gibt es einige auf der Hand liegende und einige eher exotische Gründe. Erstens verfügen wir über keinerlei zeitgenössische Zeugnisse eines slawischen Autors. Lesen und Schreiben lernten die Slawen erst mit der Christianisierung. Mitte des 9. Jahrhunderts verschriftlichten die byzantinischen Missionare Kyrill und Method in Mähren für ihre Bibelübersetzung erstmals eine slawische Sprache.

Heather, Peter. Invasion der Barbaren: Die Entstehung Europas im ersten Jahrtausend nach Christus (German Edition) . Klett-Cotta. Kindle-Version.
Es gibt etwa 9 Thesen über die Ursprünge der Slawen in Europa. Eine These wurde von dem Rumäne Florin Curta verfasst, ein rumänischer Archäologe, der von den Amis geangelt wurde und nun ist Curta Professor an der Uni Florida (https://people.clas.ufl.edu/fcurta/curriculum-vitae/ ). Der meint, dass die Slawen nördlich der Donau entstanden seien... Also hier autochthon seien...

Diese einst als gesichert geltende Theorie zur frühslawischen Geschichte wurde jedoch kürzlich von Florin Curta in Frage gestellt, der meint, die historischen Slawen seien genau dort aufgetaucht, wo sie erstmals erwähnt werden: an den südöstlichen Ausläufern der Karpaten. Curta stützt seine Argumentation auf eine Kombination schriftlicher und archäologischer Zeugnisse. Zum einen bestreitet er Jordanes’ Behauptung, die Slawen würden von den Venedern abstammen. Jordanes lehnte sich in bestimmten Punkten offenkundig an Tacitus’ Germania an. Daher hält Curta die Verknüpfung der Veneder mit den Slawen für eine Erfindung des Jordanes; es sei nur ein weiteres Beispiel für die notorische Neigung römischer Autoren, nie von »neuen Barbaren« zu sprechen, sondern immer nur die alten unter neuen Namen zu sehen. Zum anderen widerspricht Curta auch Rusanovas Schlussfolgerungen und hält dagegen, dass die Korčak-Funde im Süden der Karpaten älter seien als die aus Polesien und folglich nicht von diesen abgeleitet werden können. Den Schwerpunkt seiner Forschungen legt Curta jedoch auf die umfangreichen historischen und archäologischen Belege, aus denen hervorgeht, dass jene Slawen des 6. Jahrhunderts, die mit der oströmischen Welt in Kontakt standen, sich in einem dynamischen soziopolitischen und ökonomischen Wandlungsprozess befanden. Dieser Prozess habe, so Curta, die »ersten« oder Urslawen »hervorgebracht«.10 Viele Argumente Curtas sind sehr plausibel und seine Einwände gegen Rusanovas Datierungen hieb- und stichfest. Die Korčak-Funde aus Polesien sind zweifelsfrei jünger als ihre südkarpatischen Gegenstücke. Auch liegt der Ursprungsort zumindest jener Slawen, die im 6. Jahrhundert dem Oströmischen Reich einverleibt wurden, sehr wahrscheinlich in der Karpatenregion. Curta selbst verortet ihren Ursprung in den südöstlichen Ausläufern der Karpaten. Einer neueren Theorie zufolge, die von Wladimir Baran aufgestellt und von polnischen Archäologen der sogenannten Krakauer Schule weiterentwickelt wurde, liegt ihr Ursprung jedoch weiter nordöstlich. Dort, im heutigen Podolien, wurden große Mengen Korčak-Relikte ausgegraben, die noch viel früheren Datums sind als jene aus dem weiter nordöstlich gelegenen Polesien.

Heather, Peter. Invasion der Barbaren: Die Entstehung Europas im ersten Jahrtausend nach Christus (German Edition) . Klett-Cotta. Kindle-Version.
Also ist alles unsicher.
 
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Burebista

Well-Known Member
Ja, in Teilen. Im Spreewald z.B. leben noch Sorben, auch Wenden genannt. Erwin Strittmatter war z.B. einer davon. In der DDR hatten sie einen Sonderstatus.
Das wendische Gebiet war vor Hunderten von Jahren viel größer. Sabine Ebert schreibt in ihren mehrbändigen Buchreihen sehr interessant über die Vergangenheit der "deutschen" Gebiete.
Im 10. Jahrhundert war Ostdeutschland slawisch. Wie das passierte ist Mysterium, aber es war slawisch. Die Germanen (schon oder zukünftige Deutsche) haben das Land wieder im Besitz genommen , Schritt mit Schritt. Anfang des 20. Jahrhundert waren noch mehr Sorben da, die wurden aber über 3 Generationen (insbesondere in der NS Zeit) deutschisiert. Ich weiss das von meinem Freund Christoph aus der Lausitz, der die Kirchenmatrikeln gesehen hat und feststellen konnte, dass die Vorfahren von heute vielen deutsche Familien eigentlich Sorben waren.
 

sommersonne

Well-Known Member
Das ist auch kein Wunder. Die Römer waren schon die bösen Eroberer, aber wenn sie dann fertig mit der Eroberung waren haben sie die Menschen in Ruhe leben lassen und auch ihre Götter anbeten lassen. Sie waren auch nicht rassistisch und so haben sich die Menschen im Laufe der Jahrhunderte vermischt mit anderen eroberten Völkern.
So wie in Germanien so auch im späteren Balkan. Wir sind alle gemischt.
 

sommersonne

Well-Known Member
Im 10. Jahrhundert war Ostdeutschland slawisch. Wie das passierte ist Mysterium, aber es war slawisch. Die Germanen (schon oder zukünftige Deutsche) haben das Land wieder im Besitz genommen , Schritt mit Schritt. Anfang des 20. Jahrhundert waren noch mehr Sorben da, die wurden aber über 3 Generationen (insbesondere in der NS Zeit) deutschisiert. Ich weiss das von meinem Freund Christoph aus der Lausitz, der die Kirchenmatrikeln gesehen hat und feststellen konnte, dass die Vorfahren von heute vielen deutsche Familien eigentlich Sorben waren.
Da legt hier zwar keiner sehr viel Wert drauf, aber im Grunde haben sie dann doch wendische Vorfahren und sind trotz Germanisierung oder eingedeutscht, Wenden/Sorben.

Es gab wendische Reiche mit Stämmen die bis an die Ostsee siedelten und wurden dann aber immer mehr vertrieben, entmachtet und assimiliert. Ein Mysterium war es nicht, es war real.
 

Burebista

Well-Known Member
...

Es steht fest, dass die Rumänen wirklich viel Gemeinsames mit den Balkan-Slawen haben. Die ganze Mentalität ist gleich. Nur die Sprache ist romanisch (und auch im 19. Jahrhundert stark romanisiert, als Sprachpurifizierung oder Sprachpurifikation... Wie nennt man das?). Die Bulgaren halten die rumänische Nation nicht als echte Nation, sondern als politische romanisierte slawische Nation. Die Bulgaren wollen auf dem Balkan keine Romanen anerkennen (ihre Ideologie ist: als die türkischen Protobulgaren kamen, fanden die nur Slawen und Thraker, aber keine Romanen oder romanisch-Sprechende). Die Ungarn meinen, die Rumänen seien südlich der Donau entstanden und kamen, als Hirten, über die Donau, ins heutige Rumänien, nach 1200. Also, wenn man die bulgarische und die ungarische Historiografie liest und ernst nimmt, dann sind die Rumänen fast wie Aphrodite, aus Schaum entstanden, bei den Rumänen aus der Schaum des Donauflusses...
 

Bintje

Well-Known Member
Hast du das hier gelesen, @Alubehütet ? Mir ist dein #1311 noch im Kopf von Montag. Das beschreibt er. Dieses Lebensgefühl. Dieses völlige Alleinsein, die Verlassenheit. Die Kälte. Ich setze es mal hier rein. Nebenan interessiert's nicht, stört nur. Hier hoffentlich nicht.



"Der Musiker, der als Kind mit seiner jüdischen Familie als sogenannter Kontingentflüchtling aus Nischni Nowgorod nach Deutschland kam und in Hannover aufwuchs, will den vollständigen Erlös des Albums an zwei Organisationen spenden, die Antisemitismus bekämpfen: an die Ofek, eine Anlaufstelle zur Beratung bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung, und an die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus."

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