Die Ukraine in der Krise

Bintje

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Der Rest vom Artikel las sich dann aber gar nicht gut. Gar nicht gut. Für Selenskyj.
Nee. Und die jetzt veröffentlichte Geschichte, die sehr viel detaillierter und interessanter ist als die holzschnittartige Zusammenfassung im Spiegel, ergibt wirklich ein desaströses Bild. Die geschilderten Missstände seien der Regierung seit vier Monaten bekannt, heißt es im "Kyiv Independent". Inzwischen ermittelt die Militärstaatsanwaltschaft, nachdem der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) den mutmaßlichen Haupttäter ungeschoren davonkommen ließ. Angeblich hat sich seitdem nichts geändert; im Gegenteil sei es noch schlimmer geworden. Einige Soldaten seien seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe unter Druck gesetzt und bedroht worden, zum Teil hätten ganze Teams den Dienst quittiert. Der Bericht lag dem Parlament vor, schriftliche Zeugenaussagen gingen an Selenskyjs Büro, und der dort zuständige Typ wurde im Juli zum Leiter des Geheimdienstausschusses befördert. Die drei Kommandeure des GUR-Flügels, darunter der im Spiegel genannte Typ, nur einer des Trios, sind den Angaben zufolge eng verfilzt, decken sich untereinander und berichten offenbar direkt an ihn. Beaufsichtigt wird der Trupp von Selenskyjs stellvertretendem Büroleiter Roman M., ebenfalls früherer Mitarbeiter des militärischen Geheimdienstes, und vom gleichfalls im Präsidentenbüro angesiedelten Experten für nationale Sicherheit Vitalyi M.

Es erweckt den Eindruck eines closed shops: Keineswegs ungewöhnlich unter Geheimdienstlern, normal, aber bei derart eklatanten Verfehlungen natürlich fatal! Und das Präsidentenbüro mauert. Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen und Recherchen des Kyiv Independent hat es bisher nicht gegeben.
 

sommersonne

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Wieso mauert das Präsidentenbüro? Ich denke sie haben den Vorgang weitergeleitet?
So schlimm und furchtbar das alles ist, Ukrainer sind auch keine Engel und es handelt sich um einen Mann, vor dem wohl alle aus unerklärlichen Gründen Angst haben. Wer weiß warum, vielleicht weiß er was er eigentlich nicht wissen sollte.
Selenskiy ist nicht der Vater aller Ukrainer, er kann sich unmöglich um alles persönlich kümmern, er hat einen Krieg am Hals und offenbar sind seine staatlichen Organe auch nicht das was sie sein sollten.
 

Msane

Well-Known Member
Man sollte mal seinen Blick auf den Balkan richten.
Die Kriege sind lange rum aber einige Länder schaffen einfach nicht die Transformation in einen demokratischen
Rechtsstaat, welcher aber Voraussetzung für einen Beitritt zur EU ist.
Bosnien=politisches Hickhack zwischen den Ethnien und Korruption, Serbien=russisches U-Boot, Kosovo=Mafiastaat - diese Länder
haben ihre Chancen nicht genutzt und treten bis heute auf der Stelle.
Ein Beitritt zur EU ist nicht in Sicht.

Die Ukrainer bzw. Selenskyj sollte so früh wie möglich den demokratischen Transformationsprozess einleiten.
Krieg braucht schnelle Entscheidungen, aber keine Willkür.
Die beste Zeit für die Rechtsstaatlichkeit ist jetzt.


..
 

Bintje

Well-Known Member
Gegenüber der Zeitung. Es ist guter journalistischer Brauch, den oder die Betroffenen rechtzeitig vor einer Veröffentlichung um eine Stellungnahme zu bitten, wobei sich in der in der Regel fragwürdige oder umstrittene Punkte an der ursprünglichen Darstellung herausschälen. Das ist ein Gebot der Fairness und dient nebenbei auch dem Zweck, Leser:innen so umfassend und neutral wie möglich zu informieren, damit sie sich durch die verschiedenen Blickwinkel und Stellungnahmen so gut wie möglich ihr eigenes Bild machen können. Schlagen kritisierte Stellen oder Personen diese Gelegenheit aus, legt das automatisch den Verdacht nahe, dass sie sich womöglich ertappt fühlen und irgendwas zu verbergen haben. Und das trifft in der Tat öfters zu (nicht immer).
Dröhnendes Schweigen angesichts strammer Vorwürfe wirkt jedenfalls immer, wie soll man es nennen, einigermaßen ungünstig.

Natürlich kann man so eine Story notfalls auch raushauen, ohne die Betroffenen anzuhören. Aber das ist mieser Stil. Man muss zumindest darauf hinweisen, dass dem-und-dem die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, die er oder sie ungenutzt verstreichen ließ.
 
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Bintje

Well-Known Member
Selenskiy ist nicht der Vater aller Ukrainer, er kann sich unmöglich um alles persönlich kümmern, er hat einen Krieg am Hals und offenbar sind seine staatlichen Organe auch nicht das was sie sein sollten.
Na, so weit man es seit Februar verfolgen kann, hat er exzellente Presseleute, die offensichtlich auch flink und flexibel auf unterschiedliche Anforderungen reagieren. Die Pressearbeit wirkt einigermaßen bulletproof. Umso seltsamer scheint das Verhalten im Fall dieses Berichts.
 

Msane

Well-Known Member
Man muss wissen das die ukrainische Regierung die Dienste spezieller britisch-amerikanischer PR-Argenturen in Anspruch
nimmt, die sorgen im Krieg für den perfekten Medienauftritt der handelnden Personen.

Die haben sich in vielen Konflikten schon bewährt.
Aus Terroristen wurden Freiheitskämpfer, Warlords wurden zur Hoffnung des Landes, korrupte Eliten zu lupenreinen Demokraten.
Die bieten alles was der westliche Massenmedienkonsument gerne sieht und lenken
die öffentliche Meinung in die gewünschte Richtung.


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Zuletzt bearbeitet:

Bintje

Well-Known Member
Man muss wissen das die ukrainische Regierung die Dienste spezieller britisch-amerikanischer PR-Argenturen in Anspruch
nimmt, die sorgen im Krieg für den perfekten Medienauftritt der handelnden Personen.
Insbesondere sorgen sie auch für gut geölte Kontakte. Die Lobbyisten von Yorktown Solutions zum Beispiel, schrieb Politico, seien vormals gegen Nord Stream 2 zu Felde gezogen, und seit sie u.a. für die Regierung in Kiew tätig seien, hätten sie die Sprachregelung rings um die Pipeline einheitlich auf "Putin's weapon" getrimmt. So flutscht das. Vor allem in Washington - und mit wenig zeitlichem Versatz natürlich auch in Europa.

https://www.politico.com/news/2022/03/17/influencers-ukrainian-pr-machine-00018299

Aber Selenskyj hat natürlich auch seine eigenen Leute, die ihr Handwerk verstehen. Lesenswert.


Es ist halt hochprofessionell, was sie da abziehen, gar keine Frage. Das sei ihnen alles zugestanden, zumal ja auch andere sich solcher Mittel bedienen. Vollkommen legitim, geschenkt. Was mich nur von Zeit zu Zeit ärgert (unter der Haut eigentlich chronisch), ist die m.E. oft zur völligen Distanzlosigkeit verkommene Haltung zahlreicher Medien, die anscheinend nur noch übernehmen, was ihnen vorgekaut wird. Klar ist es schwierig in Kriegszeiten - ganz klar. Aber Guardian, Al Jazeera & Co machen es für meine Begriffe deutlich besser als die meisten deutschen Medien, indem sie einfach mehr Distanz bei der Berichterstattung an den Tag legen und auch kritischeren Tönen mehr Raum geben. Hier läuft's vor allem schwarzweiß, so kommt's mir oft vor.
 

Alubehütet

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EnRetard

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"verspielt sein Ansehen"....
Ich weiß, das eine hat nichts mit dem anderen zu tun, aber wenn von katholischer Seite angesichts unzähliger Fälle von Kinderschändung und notorischem Unwillen, diese aufzuklären, zu ahnden, zu entschädigen oder auch nur überall wirksam zu unterbinden, von Ansehen gesprochen wird, dann hat das was von Steine werfen im Glashaus.
 
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