AW: Thema Sex
Zitat von David:
Liebe Anouk,
[...]Du musst es dir als Konkurrenzkampf vorstellen. Man prahlt mit dem, was man hat. Je prunkvoller die Hochzeit und je luxuriöser das Leben, desto toller kommen sich die Leute vor. Manche Männer haben [...] nicht so viel Bildung und dennoch haben sie mehr Auswahl als der Akademiker, der weniger verdient.
Man zeigt gerne, was man hat. Die Braut wird mit Schmuck behängt auf ihrer Hochzeit und es wird viel Show veranstaltet.[...]
Lieber David,
ich gebe Dir Recht, das ist bedauerlich, aber es ist in vielen Ländern so, nicht nur in islamisch geprägten. Und, so absurd es klingen mag: Es gibt Länder, in denen erst für die Beerdigung jede Menge Geld auf den Kopf gehauen wird - nicht aber für (vorherige) medizinische Behandlungen. Ganz zu schweigen von Anlässen wie Hochzeit, Geburt eines Kindes o.ä.
Will sagen: Wie auch immer man so etwas bewertet - man "rastert" die Dinge immer automatisch durch die Brille derjenigen Kultur, in der man aufgewachsen ist. Das ist ganz normal. Aber der nächste, für meine Begriffe logische und konsequente Schritt wäre, die eigenen kulturellen Prägungen mal darauf abzuklopfen, inwieweit sie wirklich sinnvoll sind - oder einem womöglich nur den Blick verstellen. Wenn die eigenen, ganz persönlichen Lebenswünsche oder -ziele (die einem die Religion ja keineswegs abnimmt!) unter einem Wust von teils fragwürdigen, gesellschaftlichen Traditionen erschlagen werden: Was sollte einen daran hindern, den eigenen Weg zu suchen? Das muss ja nicht gleich bedeuten, mit der Religion oder anderen, für einen selbst zutiefst wichtigen Werten zu brechen. Nein, es geht nur um ein klein bisschen mehr persönliche Freiheit. Ich will Dir nicht zu nahe treten, David: Aber inwieweit gestehst Du Dir so etwas zu? Inwieweit nimmst Du Dir dieses kleine bisschen Freiheit?
Oder, mal andersherum gefragt: Ist der kulturelle Hintergrund der arabischen Frau, von der Du schriebst, in Deinen Augen tatsächlich das einzige und alleinige K.O.-Kriterium? Die Welt ist so groß, David... Und es gibt vieles darin, was sich lohnt, näher betrachtet zu werden, statt einfach die Augen und das Herz zu verschließen. Das bedeutet nämlich, die Trauben so hoch zu hängen, dass man womöglich nie daran kommt - und immer nur unter dem Baum sitzt und nach oben schielt. Es gibt ein deutsches Sprichwort, vielleicht kennst Du es: Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach.
lg
anouk (mit frisch geputzter europäischer "Brille"
)
