Die Schrecken des Krieges kenne ich nicht nur aus Filmen und Büchern. Wer mir die „desastres de la guerre“ predigen will, kommt zu spät. 1943 war ich mitten im Feuersturm von Hamburg. Phosphorübergossene Menschen brannten wie Fackeln. Manche warfen sich von der Brücke ins Wasser, und wenn sie wieder auftauchten, brannten sie weiter. Wenige überlebten den Bombenteppich im Arbeiterviertel Hammerbrook. Wir irrten durch das Inferno. Ein Wunder rettete mich: Es war die Tatkraft meiner Mutter. Sie nahm mich auf dem Rücken und schwamm mit mir durch den Kanal aus dem Feuer ins Offene. Kennst du die geschmolzene Uhr von Hiroschima? In Hammerbrook ist meine kleine Lebensuhr stehngeblieben. Seit dieser Nacht unter dem britischen Bombenteppich vom Dienstag, dem 27., auf den 28. Juli, bin und bleibe ich sechseinhalb Jahre alt. Süderstraße/Nagelsweg/Ausschleger Weg. Brennende Dächer flogen durch die Luft wie Drachen. Vierzigtausend Tote. Weltenende. Nichts ist vergessen, keine Feuersäule, kein abgeworfener Tannenbaum, keine verkohlte Leiche am Kantstein, kein Schrei und kein zerfetztes Gesicht.
„Und weil ich unter dem gelben Stern
In Deutschland geboren bin
Drum nahmen wir die englischen Bomben
Wie Himmelsgeschenke hin...“